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Marienkirche in Ziegenhain

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Historie

Nach fast 10-jährigen Restaurierungsarbeiten präsentierte sich die hochgotische Wallfahrtskirche mit ihrem Ruinenteil und den neu gestalteten Außenanlagen den zahlreichen Besuchern zur Wiedereinweihung am 10. Okt. 1994 beeindruckend.

Im Vergleich zu anderen Kirchen im Kirchenkreis sind viele Details aus der Entstehungszeit der Marienkirche bekannt. Am 6. Dez. 1424 tut Burggraf Albrecht III. von Kirchberg kund, ”… daß wir Gott und seiner lieben Mutter, der Jungfrau Maria, zu Ehren … eine neue Kapelle in unserem Dorf Ziegenhain gebaut haben”. Etwa um 1420 begann dieser Bau mit dem hohen 5/8-Chorpolygon. Aus dendrochronologischen Untersuchungen wissen wir exakt, dass die Bäume für den steilen hohen Dachstuhl in den Jahren 1421/22/23 geschlagen wurden. Damit ist dieser hinsichtlich Alter und Erhaltungszustand ein Unikat in Thüringen. Im Vergleich zum Chor fiel das Langhaus - ähnlich der Schillerkirche - relativ kurz aus. Erst um 1470 wurde das heute als Ruinenteil erhaltene Kirchenschiff fertiggestellt (Peter Heyerliß als Werkmeister). Schließlich folgte der quadratische, dreietagige Turm mit Wehrcharakter an der Südwestecke, ähnlich der „Schwester“-Wallfahrtskirche in Vierzehnheiligen.

Fundamentreste und Fensteröffnungen an der Nordseite weisen auf einen hohen Anbau hin. Entweder hier oder im Chor wurde das wundertätige Marienbild gezeigt, das der Grund für den Bau dieser für ein Dorf überdimensionierten Wallfahrtskirche war. Das Wallfahren wurde durch einen Ablass des Naumburger Bischofs und durch zwei Papstablässe (1453 und 1466) massiv gefördert, wodurch auch der Weiterbau an Schiff und Turm vorankamen. So wurde diese Kirche vor der Reformation zur reichsten in der Region.

Danach setzte der Verfall des Gotteshauses ein. Das gotische Chorgewölbe ist wahrscheinlich noch während der Bauphase eingestürzt, worauf Störungen im Mauerwerk (während der Restaurierungsphase sichtbar) und die abgeschlagenen Gewölbeanfänger hinweisen. Von der Dorfgemeinde konnte die große Kirche nicht erhalten werden. So verfielen Teile des dreischiffigen Langhauses, das heute als Ruine mit besonderer Atmosphäre für Veranstaltungen wie die Osternachtfeier genutzt wird. Der Dachstuhl über dem Chor sollte ursprünglich nach Westen über das Schiff weitergeführt werden. Hier ermöglicht seit dem 18. Jh. ein doppelt stehender Stuhl den Walmdachabschluss und sorgt für Stabilität. Zur Abtrennung des Chorinnenraumes vom Schiff wurde im 17. Jh. eine Wand eingezogen.

Innenausstattung

Nur wenige Ausstattungsstücke der gotischen Kirche sind auf uns gekommen. Dazu zählen der massive Steinaltar, der "leere" Flügelaltar, Chorgestühl und Reste der einst vollständigen Ausmalung des Chores. Relativ gut erhalten ist ein Fresko vom Typus des „Dreikönigszuges". Diese Bildkomposition hat ihren Ursprung in Burgund und ist besonders in der Schweiz und in Süddeutschland verbreitet: Die ganze Welt (drei Könige stehen für Europa, Asien und Afrika) und alle Lebensalter beten Jesus als den Christus an. Der gotische Chorraum wird heute von einer Patronatsloge (1691) und dem barocken Pyramidenkanzelaltar (1694) dominiert.

Restaurierung

Während der erwähnten Sanierungsphase bis 1994 wurden folgende Arbeiten durchgeführt: Erneuerung des Turmdaches incl. neuer Turmknopf, Einbau eines Gemeinderaumes unter der Orgelempore, Freilegung der Tür in der Kirchennordwand, Entrümpelung des Ruinenteiles, Abschachten des Erdreiches an der Nordseite und Freilegung von Grundmauern des ehemaligen Anbaus mit Heiltumskammer, Trockenlegung des Mauerwerkes und Ringdrainage, Abriss der Empore und Freilegung von Freskenteilen (Geburtshütte), Sicherung nicht identifizierbarer Freskenmalereien, Verputz und Neuanstrich der Innenwände, Freilegen des gotischen Maßwerkes der Fenster, Neuaufbau des gotischen Altartisches, Freilegen der mittelalterlichen Fußbodengestaltung in ca. 50 cm Tiefe, Einbau neuer Emporen an der Chornord- und -südwand, Einbau neuer Bänke, Aufstellen des Flügelaltares an der Westwand, Ausgrabungen im Ruinenteil mit Funden halbkreisförmiger Mauerreste, Abdeckung der Mauerkronen des ruinösen Schiffes mit Bleiplatten, Aufenthaltsraum der Jungen Gemeinde im Turmerdgeschoß und Neugestaltung der Außenanlagen.

Die 1764 von Justinus Ehrenfried Gerhard aus Lindig bei Kahla erbaute Orgel wurde am 26. Aug. 2001 nach aufwändiger Instandsetzung erstmals wieder gespielt (Initiative Dr. Günter Weißenburger). Am 2. Okt. 2016 konnte auch der älteste barocke Kanzelaltar Thüringens nach aufwändiger Restaurierung wieder eingeweiht werden. Im Jahre 2021 begannen die Arbeiten zur Erhaltung des 600 Jahre alten Dachstuhls einschließlich Neudeckung mit Biberschwänzen.

Text: Gerhard Jahreis, Fotos. Günter Widiger

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