Magdala, St. Johannis


Ansicht der Magdalaer Kirche mit dominantem Chor
Ansicht der Magdalaer Kirche mit dominantem Chor
Chorraum mit Stein-Altar von 1577 und Kanzeleinbau des 18. Jh.
Chorraum mit Stein-Altar von 1577 und Kanzeleinbau des 18. Jh.
Kirchenschiff mit Doppelemporen und Blick zur Poppe-Orgel
Kirchenschiff mit Doppelemporen und Blick zur Poppe-Orgel
Schauseite der Stadtkirche mit drei Portalen
Schauseite der Stadtkirche mit drei Portalen
Spätgotisches Bleiglasfenster mit Fischblasenmaßwerk, Darstellung der Evangelisten Lukas und Johannes
Spätgotisches Bleiglasfenster mit Fischblasenmaßwerk, Darstellung der Evangelisten Lukas und Johannes
Paul Klein von Gleen aus Magdala, Oberstleutnant im 30jährigen Krieg bei den Schweden mit martialischer Bewaffnung
Paul Klein von Gleen aus Magdala, Oberstleutnant im 30jährigen Krieg bei den Schweden mit martialischer Bewaffnung

Historie

Der Ort Magdala wurde am 18. Mai 876 als Madaha erstmalig urkundlich als Siedlung genannt, wird aber älter geschätzt. Im Jahre 1288 (Urkundenbuch Jena) erhielt Magdala das Stadtrecht durch die Grafen von Orlamünde. Die Erbauung der Kirche fällt in das 13. Jh. Sie wurde Johannes dem Täufer gewidmet. Das Patrozinium kann als Hinweis auf eine Urpfarrei mit Tauf- und Begräbnisrecht gewertet werden. Diesbezüglich ist der nordöstliche rechteckige Sakristeianbau mit Kreuzgratgewölbe interessant. Altartischreste und eine Piscina (Wasserbecken mit Abfluss nach außen) lassen auf vorreformatorische Tauf- und Abendmahlspraxis schließen. Unter der Sakristei befindet sich ein Gruftraum, der als Karner oder Beinhaus diente. Es ist der älteste Teil der Kirche überhaupt. Der gesamte Kirchenbau umfasst eine Länge von 36 m und eine Breite von 12,5 Metern.

 

Die Kirchenschaufassade ist durch drei Portale gegliedert. Das westliche dieser Südportale wurde 1546 in rundbogiger Bauweise errichtet. Die Kirche zeichnet sich durch große Maßwerkfenster und ein gekehltes Sockelgesims aus (spätgotische Steinmetzarbeiten). An der Kirchensüdseite (Richtung Pfarrhaus) befindet sich an der Südostecke eine mit altertümlichen Zeichen in Stein gemeißelte Inschrift, in heutiges Deutsch übertragen: Im Jahre des Herrn 1516 ist zu Ehre Johannis des Täufers begonnen des Chores gegenwärtiger Bau. Eine Urkunde der Gemeinde von 1611 berichtet vom Kirchturmbau. Die Turmfahne trägt die Jahreszahl 1610. Der mächtige West-Turm ist dreigeschossig mit spätgotischen Fenstern. Das Turmdach wurde als große Schweifkuppel ausgeführt und ist mit einer kleinen Laterne gekrönt, deren kegelförmiger Aufsatz Turmknopf und Wetterfahne trägt. Der Glockenturm beherbergt drei Glocken. Die einzig erhaltene Bronzeglocke wurde 1567 von Eckhart Kuechler in Erfurt gegossen. Die zwei kleineren wurden im Jahre 1917 kriegsbedingt eingezogen und durch Gussstahlglocken ersetzt.

 

Innenausstattung

Das Kirchenschiff mit Holztonne und zweigeschossigen Emporen beeindruckt durch den frei in der Mitte stehenden Kanzeleinbau aus den Jahren 1739-41. Er besteht aus einem großen Rundbogenaufbau von frei vorgestellen korinthischen Säulen auf hohen Postamenten, dem Kanzelkorb und einem Dreieckgiebel mit Aufsatz. In der Mitte des Dreieckgiebels befindet sich eine Inschrift aus Jesaia 52,7, flankiert rechts mit der Figur des gehörnten Mose (Übersetzungsfehler aus der Vulgata! - gemeint sind Strahlen) mit den Gesetzestafeln und links die Figur Johannes des Täufers. Über dem Dreiecksgiebel halten Engel einen Rahmen, der früher mit einer Lutherbüste gefüllt war. Jetzt sehen wir dort die Symbole für Jesus Christus sowie die Buchstaben Alpha und Omega. Darüber ist ein weiterer geschwungener Rahmen angeordnet, der darauf hinweist, dass der Tischler 1739 die Kanzel erbaute und ein Maler diese 1763 verziert hat.

Der Altartisch trägt zwei Jahreszahlen: Rechts 1577 mit Meisterzeichen und die Buchstaben „M. G. G. R. Adjkt.“ und auf der linken Seite „ist fortgesetzt Anno 1741“. Die Abkürzungen bedeuten: Magister Gerhard Gottfried Ranis, Adjunktus. Er war Pastor in Magdala von 1709 bis 1746. Auch eine der eingeschmolzenen Glocken trug den Namen GERHART GOTTFRIED RANIS. Dieser Pfarrer hat sich offensichtlich verdient gemacht um die Restaurierung und die Ausstattung der Kirche.

 

Über den Taufstein schrieb Pfarrer Günther in seiner Festschrift nach dem Kirchenausbau von 1910: „Ein aus Sandstein gearbeiteter Taufstein wurde gestiftet.“ Bemerkenswert sind die spätgotischen Bleiglasfenster mit Fischblasenmaßwerk. Zwei der Fenster zeigen die vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes nebst dem Wappen mit dem Hinweis S. Königl. Hoheit der Großherzog. Durch Stiftungen und Spenden von Einwohnern aus Magdala konnten mehrere Fenster mit Glasmalerei versehen werden. 

Gedenktafeln im Chorraum:

  • An der Chornordwand ein mit Waffen und Kriegsgerät geschmücktes Epitaph des früheren Rittergutsbesitzers, Herr Paul Klein von Gleen zu Magdala (1596-1686). Er war Oberstleutnant in schwedischen Diensten.
  • Rechts an der Chorsüdwand ein im Jahre 1610 von Bürgermeister Johann Frobe aus Magdala gestiftetes Epitaph zur Erinnerung an seine verstorbene Frau. Im Mittelteil ein in Komposition und Formen recht gut gelungenes Gemälde der Auferstehung.
  • An der Nordostwand, links der Hochkanzel, ein Ölgemälde (Cranachschule) als Denktafel, ein lebensgroßes Bildnis des „Valten von Harras, † 13. Juny 1586“ als vormaligen Edelhofbesitzer und Kirchenpatron.

Eine kleine Spitzbogentür in der Nordwand des Chorraumes ist der Eingang zur Sakristei mit Kreuzgratgewölbe im hochgotischen Baustil. Auf der Empore befindet sich die historische „Poppe-Orgel“ von Johann August Poppe aus (Stadt)Roda, erbaut im Jahre 1830. Danach erfolgten mehrere Umbauten. Im Jahre 1902 schrieb Pfarrer Günther nach Umbauten durch Johann Christian Adam Gerhard aus Dorndorf „gründliche Erneuerung der Orgel aber unglückselig an der Decke klebend“; deshalb 1910 beim Kirchen-Ausbau: „Orgel auf die erste Empore heruntergesetzt.“ Der erste Weltkrieg traf wie viele Kirchenglocken und Orgeln auch die Poppe-Orgel in Magdala. Im Jahr 1917 mussten die Zinnpfeifen aus dem Orgelprospekt zusammen mit zahlreichen anderen Pfeifen aus hochwertiger Legierung für Kriegszwecke geopfert werden. Als Ersatz wurden 1921 Pfeifen aus Zink und Holz eingebaut. 

 

Restaurierung

 Im Jahre 1983 wurde der gesamte Innenraum einschließlich Chor- und Altarwand restauriert. Die Poppe-Orgel wurde von der Firma Norbert Sperschneider, Weimar, überholt und gestimmt.

1999 wurde der Zustand der Poppe-Orgel als sehr schlecht eingestuft. Die hölzernen Pfeifen in Pedal und Hauptwerk und die Windladen waren vom Holzwurm befallen, die Metallpfeifen aufgerissen oder deformiert. Der Bestand an originaler Orgelsubstanz war aber noch so, dass sich eine Restaurierung der regelmäßig gespielten Orgel lohnte. Mit Hilfe von zahlreichen Spenden und Fördergeldern in den Jahren von 1999 bis 2012 konnte die Orgel von der Firma Mitteldeutscher Orgelbau A. Voigt GmbH aus Bad Liebenwerda grundhaft restauriert werden (Gesamtkosten 138 T€).

 

Weitere Sanierungsarbeiten an und in der Kirche waren:

  • Erneuerung der gesamten Elektrik
  • Maler- und Ausbesserungsarbeiten
  • Neue Fenster im Kirchendachbereich
  • Erneuerung des Fußweges vor der Kirche bis zum Eingang Grundstück Pfarrhaus
  • In den Jahren 2013/14 statische Sicherung des Kirchturmes

Die dringend erforderliche Dachsanierung des Kirchturmes soll u.a. durch Spenden ermöglicht werden.

 

Text: Christel Vopel, Bilder: Günter Widiger